WiYou.de - Ausgabe 3/2015 - page 25

WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 3­2015
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Schwerpunkt
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Die Steuerspezialisten
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Ist es denn wirklich so, dass es für die Ausbildung
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zu Steuerfachangestellten zu wenig Bewerber gibt?
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Ja, leider. Es sind definitiv zu wenig.
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Woran liegt es, dass sich junge Menschen nicht für den Beruf interessieren?
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Zum einen wohl an der Unwissenheit, was überhaupt hinter diesem Beruf
steckt und zum anderen daran, dass Steuern für die meisten negativ besetzt
sind. Als Schüler kennt man Steuern meist nur, weil die Eltern darüber schimp­
fen oder in den Medien über Steuerhinterziehung oder ­erhöhungen berichtet
wird. Was aber wirklich alles dazu gehört, wie spannend und auch positiv die­
ser Bereich ist, wissen gerade junge Menschen leider einfach nicht. Dazu gilt
ein Bürojob auch oft einfach als langweilig.
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Aber die Arbeit findet tatsächlich im Büro statt.
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Natürlich findet die Arbeit im Büro und auch am Rechner statt. Das ist wohl
nichts für jemanden, der kreativ arbeiten oder nicht den ganzen Tag sitzen
möchte – aber es wird auch nicht jeder auf der Baustelle glücklich. Wer gern
mit Zahlen arbeitet, kann hier eine sehr spannende und abwechslungsreiche
Arbeit finden.
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Wie sieht diese Arbeit denn genau aus?
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Als Steuerfachangestellter unterstützt man einen Steuerberater und macht
die Vorarbeiten. Das heißt, man bekommt zum Beispiel vom Mandanten alle
Belege über das, was er betrieblich gekauft oder verkauft hat und bucht sie
in ein Computerprogramm ein. Dabei muss man bei jedem einzelnen Posten
entscheiden, ob er wirklich betrieblich oder eher privat ist, ob Umsatzsteuer
gezahlt werden muss und ob es Freibeträge gibt. Richtig rechnen muss man
als Steuerfachangestellter dabei in der Regel übrigens nicht, das übernehmen
die Programme. Aber man muss schon ein Gefühl dafür haben, ob das, was
dann da am Ende steht, richtig sein kann. Und man sollte ein Faible für EDV
haben, denn Steuerberater arbeiten mit der neuesten Software, was
Datenverarbeitung und Datenübermittlung angeht.
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Hat man dann auch nur mit Daten und Akten zu tun?
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Heutzutage läuft sehr viel über E­Mail. Aber man hat dennoch auch viel
Kontakt zu anderen Menschen. Zum einen natürlich zu den Mandanten, aber
auch zum Finanzamt, zu Krankenkassen und Versicherungen. Das Spannende
dabei ist, dass jeder Mandant anders ist. Ob eine Privatperson, ein großes
Industrieunternehmen oder eine kleine Gaststätte – keiner ist wie der andere.
Manche Mandanten kommen in die Kanzlei, andere besucht man vor Ort. Und
man erfährt sehr sensible Dinge. Ist der Mandant verheiratet, hat er Kinder,
wo gehen sie zur Schule, wie oft nutzt er seinen Dienstwagen – man kommt
den Menschen in dieser Hinsicht sehr nahe. Zudem ist Geld an sich ein Thema,
bei dem man Feingefühl braucht, nicht immer hat man gute Nachrichten für
den Mandanten.
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Welche Voraussetzungen sollten zukünftige Steuerfachangestellten­
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Azubis denn darüber hinaus erfüllen? Braucht man Abitur?
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Nein. Wichtig ist, dass man einen Schulabschluss hat. Wünschenswert ist zwar
schon das Abitur oder ein Realschulabschluss, wenn die Noten in Mathe und
Wirtschaft stimmen und ein grundsätzliches Interesse am Finanzwesen be­
steht, kann auch ein Hauptschulabschluss reichen. Wichtig sind auf jeden Fall
Motivation und Bereitschaft, sich wirklich mit diesem Beruf auseinanderzu­
setzen. Die Ausbildung ist sehr anspruchsvoll und auch im Berufsleben muss
man sich ständig weiterbilden, da sich die Gesetze immer wieder ändern.
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Welche Möglichkeiten der Weiterbildung habe ich denn mit
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dem Berufsabschluss als Steuerfachangestellter?
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Was viele nicht wissen, man kann den Weg bis in die Selbstständigkeit als
Steuerberater gehen, und zwar ohne ein Studium. Es reicht eine externe
Prüfung vor der Kammer, zu der man mit zehn Jahren Berufserfahrungen zu­
gelassen werden kann. Diese Wartezeit kann man zudem verkürzen, wenn
man die Fortbildung zum Steuerfachwirt macht oder ein Studium im Bereich
Wirtschaft absolviert. Man kann aber natürlich auch bis zur Rente als
Steuerfachangestellter arbeiten, gerade, wenn man Wert auf einen sicheren
Job und feste, familienfreundliche Arbeitszeiten legt. Sie werden überall hän­
deringend gesucht, ob in Kanzleien oder auch in der Buchhaltung von
Unternehmen. Denn Buchen lernt man zwar auch in anderen kaufmännischen
Berufen, aber nur die Steuerfachangestellten beschäftigen sich so intensiv mit
Steuerrecht. (mü)
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Es gibt die Berufe, die sich vor Bewerbern kaum retten können und Berufe, die oft etwas weiter unten stehen auf der Traumjobliste. Wie Steuerfachangestellte
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zum Beispiel. Aber warum eigentlich? Und – viel wichtiger noch – stehen sie dort zu Recht? Darüber sprach WiYou mit der Steuerberaterkammer Thüringen.
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